Aller guten Dinge sind zwei – Eine doppelte Liebeserklärung

Da steht sie. Elegant in Form und Aussehen, tief grün, vielleicht etwas in die Jahre gekommen. Die Rede ist von der guten, alten Kreidetafel, die schon jahrzehntelang vielen Generationen von Schülerinnen und Lehrern gute Dienste erweist. Formeln, Zeichnungen, Skizzen, Berechnungen, Diagramme, Fragestellungen bietet sie ebenso Platz und Raum wie Texten und Aufschrieben, die weiß auf grün die Erkenntnisse des Unterrichts festhalten.

Ein guter Tafelanschrieb entwickelt sich aus dem Unterrichtsgespräch heraus. Er stellt Inhalte dar und gegensätzliche Positionen gegenüber. Er skizziert Entwicklungen, protokolliert den Unterrichtsfortgang und mündet in einem Fazit. An der Tafel steht am Ende der Stunde ein Ergebnis, das anschließend in die Hefte der Schüler übernommen wird, sodass für die nächste Klassenarbeit Wesentliches und Wichtiges gelernt werden kann. Mit der Hand durch den Arm in den Kopf. Was einmal diesen Weg genommen hat, wird schon während des Schreibens verarbeitet und bleibt eindrücklicher im Gehirn haften, als wenn es lediglich in Kopie ausgeteilt würde. Und so wird der Kreidetafel, mit der Klassenzimmer schon im 17. Jahrhundert ausgestattet wurden, auch noch in diesem Jahrhundert eine bedeutende und wertvolle Aufgabe zukommen.

Doch seit einigen Jahren hat die schöne Grüne Konkurrenz bekommen. Zumindest in einigen Räumen des Neubaus hängt direkt neben ihr das digitale Whiteboard, ein wahres Multitalent. Auch auf diesem lassen sich Unterrichtsergebnisse verschriftlichen, doch können vor allem besonders umfangreiche Aufschriebe anschließend in ein PDF konvertiert und den Schülern per E-Mail zugesandt werden. Bilder, Filme, Statistiken, Grafiken, Karikaturen lassen sich in Farbe projizieren. Wichtige Details werden herangezoomt, der Screenshot einer Filmszene ermöglicht die detaillierte Analyse. Einzelne Bild- und Textelemente werden direkt beschriftet oder zugeordnet, sind schnell und beliebig oft austauschbar. Schüler präsentieren ihre Erkenntnisse und Ergebnisse über die Dokumentenkamera. Lehrer können multimediale Anschriebe zu Hause vorbereiten, im Unterricht lassen sie sich variieren, ergänzen und erweitern.

Was auf den ersten Blick wie ein Konkurrenzkampf zwischen Nostalgie und Fortschritt, zwischen analogem und digitalem Zeitalter aussieht, ist in Wahrheit die platonische Liebesbeziehung zwischen Lehrern und ihren neuerdings beiden Tafeln: die gelungene Symbiose beider Medien. Das digitale Whiteboard konzentriert sich auf die Analyse und Auswertung, ermöglicht die ergänzende Internetrecherche oder visualisiert komplexes Daten- und Zahlenmaterial. Nebenan werden fortwährend die Ergebnisse protokolliert, zusammengeführt und gesichert. Und so wäre es wünschenswert und hilfreich, wenn noch in viel mehr Räumen die Kreidetafel digitale Gesellschaft bekäme. (Hm)